Seiteninhalt

Der Jesuit aus Ehingen - Johann Dannenmeyr (mit Hinweisen auf Bernhard Wyl und Jakob Bidermann)
von Gerd Treffer

Historische Blätter Ingolstadt - Jahrgang 14 - Ausgabe Nr. 147 vom 01.07.2024

Johann Dannenmeyr wurde im Juni 1569 ( vielleicht auch schon 1566) in Ehingen geboren. Über seine Herkunft, seine Kindheit, seine Jugend und seine Ausbildung ist nichts bekannt. Es fällt aber auf, dass binnen weniger als einem Jahrzehnt zwei künftige Jesuitenprofessor der bayerischen Landesuniversität Ingolstadt aus Ehingen hervorgehen. Kurz vor Weihnachten 1588 ist Dannenmeyr an der Universität Würzburg eingeschrieben und absolviert den üblichen Philosophiekurs. Es folgt seine römische Phase.
1590 geht er nach Rom. Er bleibt dort sieben Jahre, während derer er am Collegium Germanicum studiert, zum Priester geweiht und in den Jesuitenorden aufgenommen wird.
Im Januar 1598 wechselt er in die Oberdeutsche Ordensprovinz und absolviert sein Noviziat in Landsberg. In seinem von großem Fleiß geprägten Werk „Die Jesuiten in Ingolstadt 1549 – 1671“ (abgedruckt in den Ingolstädter Heimatblättern 1973 - 1978 und 1986 – 1999, nach dem „Summarium de variis rebus Colegii Ingolstadiensis“, dessen Original sich im Ordinariats-Archiv Eichstätt befindet und das er aus dem Lateinischen übersetzt hat) führt Gerhard Wilczek im Abschnitt „ Die Jesuiten in Ingolstadt 1595 – 1600“ unter „ Alphabetische Namensübersicht“ den „Johannes Dannemair“ auf.

In dieser Haus-Chronik der Jesuiten wird, wenige Zeilen zuvor, Jakob Bidermann aufgeführt und ausdrücklichen vermerkt, dass (auch er) (1577) in Ehingen zur Welt kam, also nur wenige Jahre nach Dannemeyr. Es heißt: „geboren 1577 in Ehingen in Schwaben, gestorben 1639 in Rom, bekannt als Schriftsteller und Dramatiker, besonders bekannt sind Belisar, Cenodoxus, Joseph Aegyptius, Calybits et cetera“. Unzweifelhaft gehört Bidermann zu den drei großen Jakobs der Jesuitendichtung, (Jakob Balde , Jakob Bidermann, Jakob Gretser) ohne die , so formulierte es einmal der Altmeister der Bayerischen Landesgeschichtsschreibung Bosl „bayerische Theatergeschichte“ gar nicht denkbar ist.


Ab Ende Dezember 1599 unterrichtet Johann Dannemeyr am Ingolstädter Jesuitengymnasium die Rudimenta – die Anfangsgründe der akademischen Gelehrsamkeit. In seinen „ Beiträgen zur Geschichte des Jesuitengymnasiums Ingolstadt“ ( wohlgemerkt des Gymnasiums und nicht zu verwechseln mit der Universität, aber gewissermaßen die Vorstufe dazu), erschienen im Sammelblatt des Historischen Vereins Ingolstadt ( Nummer 23 von 1898) schreibt Julius Denk im „Verzeichnis der Professoren und Präzeptoren…in den Jahren 1592 – 1671 für das genannte Jahr 1599, „P. Joh. Dannemair“ habe nun die 3.Cl inferior unterrichtet. Damals gab es sechs Klassenstufen und sechs „Niveaus“ – Dannemeyrs Klasse war die niederste; in sie kamen nach den Vorstellungen der Universitätspolitiker auch jene von Auswärts an die Hohe Schule von Ingolstadt geschickten Jünglinge, die man studieren lassen wollte, die aber noch nicht genügend Kenntnisse hatten, um in der Philosophische Fakultät zu bestehen, die dann ihrerseits die Grundausbildung bot und – im Erfolgsfall - zum Magister Artium führte, der die Zugangsberechtigung zum Studium in der Höheren Fakultäten (Theologie, Recht, Medizin) war. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Bedeutung und das Ansehen, die das Ingolstädter Gymnasium ( angesichts der relativ kurzen Zeit seines Bestehens bereits ) hatte, als Dannenmeyr dort lehrte:1605 hatte das Gymnasium rund 300 Schüler, von denen 100 im Konvikt lebten ( also, in modernen Worten, das Internat besuchten). Nach nicht ganz einem Jahr als Lehrer am Gymnasium begann Dannemeyr (am 15.Oktober 1600) als Professor der Logik seine Karriere als Hochschullehrer und hielt den dreijährigen philosophischen Kurs. Untypischerweise schied er 1603 vorzeitig (aber nur kurz vor dessen Ende) aus, wohl um in Konstanz eine Professur für Dialektik und Moraltheologie zu übernehmen. Von Konstanz wechselte er nach Porrentruy, wo er diese Fächer ebenso beibehält wie (ab Oktober 1610) in Luzern, von wo aus er 1612 nach Fribourg geht. Es sind die gewissermaßen die letzten glücklichen Tage vor dem großen Hauen und Stechen, dem Morden und Brandschatzen des bevorstehenden Kriegs. Ende November 1618 legt er in Bologna die ewige Profess ab. Er steigt in der Hierarchie des Ordens auf und kommt bald danach nach Augsburg.

Aus seiner offenbar fruchtbaren Lehrtätigkeit haben sich acht unter seinem Vorsitz gehaltene Disputationen erhalten, von denen vier in seine Ingolstädter Zeit fallen und die auch alle in Ingolstadt in Druck gingen , eine

  • Disputatio philosophica ex universa logica (Resp.: Peter Trager), Ingolstadt 1602, dann die
  • Assertiones philosophicae de impressionibus metereologicis (Resp.: T. Altstetter), Ingolstadt, 1602 , die
  • Disputatio philosophica de rerum naturalium ortus atque interitu (Resp.: J.H.v. Pflaumern), Ingolstadt, 1603 und eine
  • Disputatio peripatethica ex prima philosophia,Ingolstadt 1603.

Erhalten haben sich von Dannemeyr auch zwei uneditierte Vorlesungsmitschriften, ein „comentarius in universam Aristotelis logicam, a me Joanne Neumair exceptus“ (Ingolstadt 1601, Universitätsbibliothek Eichstätt , Cod.ms.234), eine Mitschrift aus seiner Ingolstädter Zeit, und eine „Theologica practica“ (Stiftsbibliothek Engelberg), die mit 1610 für Luzern datiert ist, vermutlich dort auch gelesen wurde, aber – angesichts seiner spät im Jahre liegenden Ankunft in Luzern – wahrscheinlich bereits in Porrentruy konzipiert worden war (wie ohnehin solche Werke über viele Jahre des Denkens und der Entwicklung Gestalt annehmen). Ulrich Neumann erwähnt (im Biographischen Lexikon der Ludwig-Maximilians-Universität), Dannemeyr solle auch Übersetzungen aus dem Französischen und Italienischen gefertigt haben.
Dannemeyr stirbt am 15. Februar 1621 in Augsburg – vor nunmehr 400 Jahren.

Ebenfalls vor 400 Jahren stirbt in Luzern sein Ordensbruder Bernhard Wyl, der 1587 dort zur Welt gekommen war. Vermutlich hat sich ihr Lebensweg – wiederholt – gekreuzt. 1604 in den Jesuitenorden eingetreten, kam Wyl nach dem Noviziat 1607 für seine philosophischen Studien nach Ingolstadt. Anschließend unterrichtet er (1610) Grammatik und (1612) Rhetorik in Dillingen. Zum Theologiestudium kehrt er 1613 nach Ingolstadt zurück. 1617 wird er zum Priester geweiht. Von 1617 stammt sein in Ingolstadt verlegtes Werk „Conclusiones ex toto cursum theologico“. Das nach den Ordensregeln vorgesehene Dritte Probejahr verbringt er in der Ordensresidenz Ebersberg, wo er 1618 auch Rhetorik unterrichtet. Noch im selben Jahr überträgt ihm die Artistenfakultät der Universität Ingolstadt die Professor für Physik und Logik, ein Amt, das er bis 1620 ausfüllt. 1621 legt er Ordensprofess ab. Und stirbt am 8.November (1621) in seiner Heimatstadt Luzern. J. Fejér berichtet in seinem Werk über die im ersten Jahrhundert des Bestehens des Jesuitenordens gestorbenen Mitglieder („Defuncti primi saeculi Societatis Jesu…“, Bd.1 Rom, 1982) über ihn.