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Geschichte des Herzogskastens

Von der Burg zur Bücherei

Die Mauern, in denen die Hauptstelle der Stadtbücherei Ingolstadt untergebracht ist, gehören dem ältesten Profanbau der Stadt und blicken auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück.

Um 1250: Herzog Ludwig II., genannt "der Strenge", ließ das Gebäude als Teil der Burganlage in der Südostecke der Stadt errichten. Seine Bewohner konnten sich damit mühelos gegen Feinde von außerhalb wie auch gegen aufständische Bürger innerhalb der Stadt verteidigen.
Die Grundform des im gotische Stil errichteten Gebäudes war rechteckig (Länge 31,15 Meter, Breite 16,32 Meter). Es besaß ein kleines Kellertor im östlichen Drittel und ein Haupttor. Die Mauern waren 1,58 Meter stark und verjüngten sich nach oben. Die heutigen Außenwände gehen fast vollständig auf diesen ersten Baukörper zurück. Ebenfalls noch erhalten ist die gewölbte Kelleranlage im östlichen Teil. Das Gebäude verfügte ursprünglich über drei Geschosse, mit Sicherheit gewölbte Räume im Erdgeschoss, ein hohes erstes Obergeschoss für die Repräsentation mit Wohnräumen und Saal sowie ein niedrigeres zweites Obergeschoss mit Schlafräumen und Ähnlichem.
Das Areal der Burg dürfte ursprünglich von Mauern umgeben gewesen sein, wie dies im Sandtner-Modell aus dem Jahre 1572/73 dargestellt ist. Der Rundturm im Osten stammt ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert und war Teil der damaligen Stadtmauer.

Nach der Landesteilung 1392 stieg Ingolstadt zur herzoglichen Residenzstadt auf. Ludwig der Gebartete begann 1418 mit dem Bau eines neuen Schlosses. Nach dem Tod seines Sohnes und seinem eigenen Tod starb die Ingolstädter Linie aus.
Das alte Schloss, auch "Alte Veste" genannt, beherbergte ab 1445 die Stadtpfleger und diente auch als Reisestation für Ritter. So hielt etwa 1504 hier der Markgraf von Brandenburg mit 600 Begleitern Hof.
Ab 1516 übte der "Churfürstliche Rat" dort die Gerichtsbarkeit aus, siedelte aber 1565 in das "Neue Schloss" über.

Nach 1565 wurde das Gebäude als Speicher genutzt. Der Umbau in "Getreideböden", d. h. in ein Lagerhaus für Getreide und Mehl, kann jedoch erst nach 1572/73 erfolgt sein, da das Sandtner-Modell noch den ursprünglichen Bauzustand zeigt. Die vier Ecktürmchen wurden im Zuge der Nutzungsänderung abgetragen, der Burggraben aufgefüllt und große Teile der Stallungen und Wohnungen für Burgleute abgerissen. Der massive Ostturm wurde bis auf einen Stumpf abgetragen. Im Inneren entstanden vier neue Etagen in Holzkonstruktion.
"Kastner", Aufseher über die Speicher, sorgten dafür, dass genug Getreide für die Bevölkerung vorhanden war. Aus dieser Zeit stammt der noch heute gebräuchliche Name "Herzogskasten". Das Nebengebäude, in dem heute die Büchereiverwaltung und die Kinderbücherei untergebracht sind, wird im 18. Jahrhundert als Sitz der "kurfürstlichen Hallverwaltung" bezeichnet.

1854 erwarb das Militär den Herzogskasten; die vier Etagen wurden mit gusseisernen Stützpfeilern gesichert. 1918 wird die Festung Ingolstadt geschleift und die Garnison dezimiert, der Herzogskasten blieb "Staatsärar" (d. h. Eigentum der Finanzbehörde). 1926 wurde dort die bayerische Warenvermittlung untergebracht. Außerdem wurde das Gebäude als Lagerhaus für Einzelhändler und als Geschäftsstelle für landwirtschaftliche Genossenschaften genutzt.

Im Zweiten Weltkrieg blieb das Alte Schloss weitgehend von Bomben verschont, während die Gebäude ringsum getroffen wurden. Bis Mitte der 50er Jahre diente es wieder als Lagerhaus. 1955 kaufte die Bäcker-Innung Oberbayern Nord das mittlerweile unter Denkmalschutz stehende Haus. Im Erdgeschoss und im ersten Stock wurden Büros und Lagerräume eingerichtet, im zweiten Stock zog die Bäckerfachschule ein, im dritten Stock die Innungskrankenkasse.

1976 kaufte die Stadt Ingolstadt die beiden Gebäude Hallstraße 2 und 4. Nach Ausschreibung und Planung begannen 1978 die Arbeiten für den kompletten Umbau und die Neugestaltung als Bücherei.
Die Kellergewölbe erhielten Zugang vom Theatervorplatz, blieben aber im ursprünglichen Zustand. Die historische Fassade des Herzogskastens wurde wiederhergestellt. Im Inneren wurde das Hauptgebäude komplett entkernt, die Statik erneuert, der Boden unter dem Gebäude verfestigt, Kanalanschlüsse verlegt. Unter anderem im westlichen Teil, der sogenannten "Kapelle", wurden Wandmalereien freigelegt. Die Außenanlagen wurden gepflastert und mit Bäumen und Sträuchern gestaltet. Die Gesamtkosten beliefen sich damals auf knapp 6 Millionen DM.

1981 war der Umbau des Herzogskastens abgeschlossen, am 27. November wurde die neue Stadtbücherei eröffnet.
In Anlehnung an den Gebäudenamen und zu Ehren von Ingolstadts berühmtester Schriftstellerin heißt sie seither "Marieluise-Fleißer-Bücherei im Herzogskasten".

Im Untergeschoss wurden eine Musikbücherei und das sogenannte "Studio" eingerichtet, welches vom Theater bis heute als Spielstätte genutzt wird.
1983 dann wurde mit der Sanierung des Nebengebäudes begonnen, in dem bis dahin die Kriminalpolizei untergebracht war. Im Erdgeschoss wurde unter Einbeziehung der Überreste des Ostturms die Kinderbücherei eingerichtet. Im ersten und zweiten Stock wurden die Verwaltungsräume untergebracht, im Obergeschoss entstand eine Wohnung für den damaligen Hausmeister der Volkshochschule und der Stadtbücherei. Heute wird der 3. Stock ebenfalls für die Bücherei und Verwaltung genutzt.

Die letzte Neuerung im Haus ist die 2009 eröffnete Jugendbücherei, die im neu gestalteten Kellergewölbe ihren Platz fand. Die Musikbücherei zog um ins Dachgeschoss, wo sich unter dem teilweise erhaltenen Dachstuhl aus dem 16. Jahrhundert außerdem noch ein stimmungsvoller Veranstaltungsraum befindet.

  • Altes Schloss - Herzogskasten
  • Herzogskasten im Jahr 1945 © Stadt Ingolstadt / Stadtarchiv
  • Herzogskasten im Jahr 1945 © Stadt Ingolstadt / Stadtarchiv
  • Herzogskasten im Jahr 1958 © Stadt Ingolstadt / Stadtarchiv
  • Herzogskasten im Winter
  • Herzogskasten in den 60er Jahren © Stadt Ingolstadt / Stadtarchiv
  • Illumination Herzogskasten
  • Innenaufnahme Herzogskasten
  • Jugendbücherei